Nitazene – Hochpotente Opioide mit grossem Risiko

Was sind Nitazene?

Nitazene sind synthetische Opioide aus der chemischen Gruppe der Benzimidazole. Der Name leitet sich von Isotonitazene ab, einem der bekanntesten Vertreter – manchmal wird die Substanz auch einfach als ISO bezeichnet. Nitazene wirken als selektive μ-Opioidrezeptor-Agonisten, ähnlich wie Morphin oder Fentanyl, jedoch mit deutlich höherer Potenz.

Ursprünglich wurden sie in den 1950er-Jahren von der Schweizer Firma Ciba AG als starke Schmerzmittel entwickelt. Aufgrund ihres spezifisch lebensgefährlichen Wirkungsprofils und der damit verbundenen Nebenwirkungen wurden diese Substanzen weder in der Human- noch in der Veterinärmedizin zur Anwendung zugelassen.

Warum sind Nitazene problematisch?

Statt Nitazenen werden heute besser erforschte und sicherere Opioide wie Morphin, Fentanyl oder Oxycodon eingesetzt. Nitazene haben ein sehr hohes Abhängigkeitspotenzial und sind in der medizinischen Praxis nicht zugelassen. Dennoch tauchen sie zunehmend im Freizeitdrogenmarkt auf – oft in Mischungen oder als Fälschungen von Medikamenten.

Einige bekannte Vertreter dieser Stoffgruppe sind:

Metonitazen, Isotonitazen, Protonitazen, Etonitazen, N-Piperidinyl-Etonitazen, Butonitazen, Clonitazen, Flunitazen u. a.

Wie wirken Nitazene?

Nitazene haben eine breite Palette von Wirkungen:

  • schmerzlindernd
  • beruhigend und dämpfend
  • angstlösend
  • hustenreizstillend
  • psychotrop und euphorisierend

Einige Konsumierende berichten auch von leicht stimulierenden und stimmungsaufhellenden Effekten – allerdings weniger ausgeprägt als bei Substanzen wie Oxycodon.

Die Wirkung entsteht durch die Bindung an μ-Opioid-Rezeptoren, was zu einer starken Beeinflussung des zentralen Nervensystems führt.

Wie gefährlich sind Nitazene?

Die verschiedenen Nitazene unterscheiden sich stark in ihrer Potenz. Je nach Substanz können sie 200-mal bis 1000-mal stärker als Morphin wirken.

Diese extremen Unterschiede machen die Dosierung unberechenbar und die Wirkung beim Konsum unvorhersehbar – besonders bei fehlender Toleranz oder Mischkonsum. Nitazene wirken bereits im Mikrogrammbereich, was die Dosierung zusätzlich erschwert. Schon kleinste Mengen können zu lebensgefährlichen Überdosierungen führen. Eine fehlerhafte Dosierung kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, darunter Atemdepression bis hin zum Atemstillstand.

Erscheinungsformen von Nitazenen

Nitazene können in verschiedenen Formen auftreten – oft unerkannt und mit hohem Risiko. Hier sind die häufigsten Erscheinungsformen:

1. Pulverform
  • Häufig als weisses oder gelbliches Pulver.
  • Kann pur oder mit anderen Substanzen gestreckt sein.
  • Wird manchmal als Heroin, Fentanyl oder andere Opioide verkauft.

2. Tabletten oder Pillen
  • Teilweise als gefälschte pharmazeutische Produkte im Umlauf (z. B. als „Oxycodon“ oder „Hydromorphon“).
  • Enthalten oft unbekannte Mengen an Nitazenen, was die Dosierung extrem riskant macht.

3. Flüssige Lösung
  • Für intravenöse oder nasale Anwendung gedacht.
  • Selten, aber möglich – insbesondere aus illegalen Labors.
  • Besonders gefährlich, da die Konzentration schwer abschätzbar ist.

4. In Kombination mit anderen Drogen

In den letzten Jahren wurden Nitazene vermehrt unwissentlich konsumiert, da sie als Streckmittel oder Ersatzstoffe in anderen Substanzen verwendet wurden. Besonders betroffen sind:

  • Gefälschte Oxycodon-Tabletten (Europa & Schweiz)
    Nitazene wie Etonitazen, Metonitazen oder Protonitazen wurden als Oxycodon-Fälschungen verkauft – teilweise sogar in Originalblistern verpackt. Konsumierende gingen davon aus, ein bekanntes Medikament zu konsumieren, erhielten jedoch eine hochpotente Substanz mit völlig unberechenbarer Wirkung.
    Diese Falschdeklarationen wurden durch Drug Checking Programme und forensische Labore in mehreren europäischen Ländern – darunter auch in der Schweiz – eindeutig nachgewiesen.
  • Heroin
    In mehreren Fällen wurden Nitazene wie Isotonitazen oder Protonitazen Heroin beigemischt – oft als Ersatz für Fentanyl oder zur Wirkungsverstärkung. Diese Beimischungen wurden durch Drug Checking und forensische Analysen bestätigt (z. B. EMCDDA, NFLIS, UNODC).
  • Kokain und Crack
    Es gibt dokumentierte Fälle, in denen Nitazene in Crack- oder Kokain-Proben nachgewiesen wurden. Besonders gefährlich ist dies für Konsumierende ohne Opioid-Toleranz, da bereits kleinste Mengen zu Atemdepression führen können.
  • Methamphetamin
    In einzelnen wissenschaftlichen Berichten wurden Nitazene auch in Methamphetamin-Proben identifiziert – meist im Kontext gefälschter oder gestreckter Substanzen. Diese Funde sind selten, aber dokumentiert.

Safer Use bei Nitazenen

Nitazene sind extrem potente synthetische Opioide. Bereits kleinste Mengen können zu schweren oder tödlichen Überdosierungen führen. Wenn du konsumierst, beachte bitte folgende Hinweise:

1. Substanz testen
  • Führe vor dem Konsum einen Schnelltest auf synthetische Opioide durch.
  • Lass deine Substanz im Drug Checking analysieren, um die genauen Inhaltsstoffe zu kennen.
  • Informiere die Fachstelle bei einem positiven Schnelltest und gib deine Probe zur Nachanalyse ab, damit das Ergebnis bestätigt und die Substanz differenziert werden kann.

2. Vorsicht bei Medikamenten
  • Vertraue nur Medikamenten, die du selbst von einer medizinischen Fachperson (Ärztinnen, Apothekerinnen, Therapeut*innen) erhalten hast.
  • Es sind täuschend echte Fälschungen im Umlauf – auch Tabletten in Originalblistern können Nitazene enthalten.

3. Dosierung
  • Dosiere nach Pausen deutlich niedriger. Deine frühere Dosis kann jetzt gefährlich hoch sein.
  • Lege nicht nach, auch wenn die Wirkung verzögert eintritt – das Risiko einer Überdosierung steigt.
  • Vertraue nicht auf Dosierungsempfehlungen anderer. Ihre Toleranz kann deutlich höher sein als deine.

4. Konsumumfeld
  • Konsumiere wenn möglich nicht allein.
  • Informiere deine Freund*innen, was du konsumierst und wann.
  • Bleibe nach dem Konsum mindestens 10–15 Minuten in Gesellschaft. Es wurde beobachtet, dass einige synthetische Opioide erst verzögert zu einer Überdosierung führen.

5. Notfallvorsorge

  • Wenn du Opioide konsumierst, trage wenn möglich Naloxon (Anti-Dot) bei dir.
  • Informiere dich darüber, wie es angewendet wird, und stelle sicher, dass du oder deine Begleitpersonen im Ernstfall wissen, wie man es richtig einsetzt.
  • Im Notfall immer die Sanität mit Notarzt/Notärztin beiziehen. Die Notrufnummer für den Sanitätsdienst in der Schweiz ist die 144.

Aktuelles:

  • In letzter Zeit kam es vor, dass gefälschte Oxycodontabletten im Umlauf waren. Hier 2 Beispiele: Etonitazen verkauft als Oxycodon / Metonitazen verkauft als Oxycodon
  • Besucher*innen des Drug Checkings berichteten, dass sie Nitazene im Clearweb gekauft haben. Es muss also davon ausgegangen werden, dass auch im Clearweb hochpotente Substanzen erworben werden können.
  •  Im Moment wird durch die Erfahrungen davon ausgegangen, dass das Hauptrisiko von gefälschten Pillen ausgeht - und weniger von gestrecktem Heroin.

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