Synthetische Cannabinoide (in der Fachliteratur auch als Cannabimimetika oder Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten beschrieben) werden zu den «Neuen Psychoaktiven Substanzen» (NPS) gezählt. Es liegen betreffend Wirkung, Risiken, Langzeitfolgen und Wechselwirkungen nur wenige Informationen vor.
Konsumformen:
Synthetische Cannabinoide werden hauptsächlich geraucht, könnten theoretisch jedoch auch geschnupft, gespritzt oder oral konsumiert werden.
Erscheinungsformen:
Seit 2005 werden synthetische Cannabinoide in Rauchmischungen aus Kräutern oder in sogenannten Räucherstäbchen/Raumlufterfrischern verkauft. Typische Beispiele sind unter anderem Spice Gold, Spice Silver, Bloom, Bonzai, Sence und Yucatan Fire. Diese Produkte werden in der Regel über das Internet und in «Headshops» als sogenannte «Legal-High-Produkte» in bunt bedruckten Tütchen aus Metallfolie verkauft. Sie sind jedoch meist auch unter ihrer chemischen Bezeichnung als Reinstoffe erhältlich. Die gesetzgebende Instanz aktualisiert laufend das Betäubungsmittelverzeichnis, weshalb die Substanzen oftmals schnell wieder vom Markt verschwinden und neue Kreationen erscheinen.
Seit 2020 kommt es in der Schweiz zunehmend vor, dass synthetische Cannabinoide auf legal produziertes CBD-Cannabis gesprüht/aufgetragen werden, um dieses trügerisch als natürliches THC-haltiges Cannabis gewinnbringender auf dem Schwarzmarkt verkaufen zu können. Diese Entwicklung hängt höchstwahrscheinlich mit der Überproduktion des legalen CBD-Cannabis und dem damit verbundenen zusammenbrechenden schweizerischen CBD-Markt zusammen. Cannabisprodukte (Hanfblüten oder Haschisch) auf welche synthetische Cannabinoide gesprüht/aufgetragen wurden, sind optisch und geschmacklich nicht als solche erkennbar.
Synthetische Cannabinoide ähneln in ihrer Wirkweise dem in der Hanfpflanze natürlich vorkommenden Cannabinoid Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC). Synthetische Cannabinoide docken wie THC an die Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 im Gehirn und in anderen Organendes menschlichen Körpers an. Ursprünglich wurden synthetische Cannabinoide als therapeutische Mittel zur Schmerzlinderung entwickelt. Es hat sich jedoch als schwierig erwiesen, die gewünschten therapeutischen Eigenschaften von der ungewünschten psychoaktiven Wirkung zu trennen.
Die Wirkung von synthetischen Cannabinoiden ist um ein vielfaches stärker als beim natürlich vorkommenden THC (je nach Substanz kann es 50 bis 100 Mal stärker wirken). Das bedeutet, dass viel weniger Substanz benötigt wird, um eine Wirkung zu entfalten. Daher ist auch die Gefahr einer Überdosierung sehr hoch. Zudem variiert die Wirkung und Wirkdauer jedes einzelnen synthetischen Cannabinoids. Da synthetische Cannabinoide kaum erforscht sind, kann die Wirkung auch nicht vollständig eingeschätzt werden.
Konsumierende berichten von einem cannabis-ähnlichen Zufriedenheitsgefühl und tiefer Entspannung. Es kann auch zur Veränderung akustischer, visueller und haptischer (Tastsinn) Empfindungen kommen. Einige synthetische Cannabinoide scheinen zudem leicht stimulierend zu wirken, Konsumierende berichten von anregenden und antriebssteigernden Wirkungen.
Dosierung:
Aufgrund der grossen Anzahl (rund 300) an unterschiedlichen synthetischen Cannabinoiden und der schwierigen Handhabung wird auf eine Dosierungsangabe verzichtet. Beachte daher die Safer-Use-Regeln, um das Risiko einer Überdosierung zu minimieren.
Wirkungseintritt:
Beim Rauchen und Schnupfen tritt die Wirkung unmittelbar oder nach wenigen Minuten ein. Beim oralen Konsum tritt die Wirkung verzögert ein, ist stärkerund hält länger an.
Wirkdauer:
Die Wirkdauer kann zwischen 3 bis 6 Stunden andauern. Einige Konsumierende berichten auch von bis zu 8 Stunden. Konsumierende, die synthetische Cannabinoide unabsichtlich auf falschdeklariertem CBD-Cannabis konsumiert haben, berichten davon, dass die Wirkung nach dem Konsum sehr rasch und heftig einsetzt und nach 10 bis 30 Minuten bereits wieder stark abflacht.
Die Risiken und Nebenwirkungen können sich, je nachdem welches synthetische Cannabinoid konsumiert wurde, relativ starkunterscheiden. Folgende Nebenwirkung können auftreten: Beschleunigter Puls, Herzrasen, Bluthochdruck, Krampfanfälle, Brustschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit mit Erbrechen, Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, Verwirrtheit, Wahnvorstellungen, akute Psychosen, starkes Verlangen nachzulegen (Craving),aggressives und gewaltsames Verhalten, rascher Ohnmacht bis hin zu einem Herzinfarkt.
Der Konsum von synthetische Cannabinoiden führt nicht selten zu Notfallbehandlungen. Der Global Drug Survey 2017 zeigte, dass synthetische Cannabinoide, nach Methamphetamin und vor Alkohol, als zweithäufigste Substanz genannt wurde, deren Konsum zu medizinischen Notfallbehandlungen geführt hatte. Es lassen sich auch mehrere Todesfälle auf den Konsum synthetischer Cannabinoide zurückführen.
Werden synthetische Cannabinoide falsch deklariert auf CBD-Gras gesprüht und als THC-haltiges Cannabis verkauft, kann es noch schneller zu riskanten Überdosierungen und/oder starken, gesundheitlich bedenklichen Nebenwirkungen kommen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die teilweise sehr ungleichmässige Verteilung der Cannabinoide auf den Blüten.
Langzeitfolgen:
Über genaue Wirkmechanismen, Toxizität und mögliche Langzeitfolgen ist bis heute kaum etwas bekannt. Der aktuelle Stand des Wissens basiert fast ausschliesslich auf Berichten von Konsumierenden.
Bei häufigem und regelmässigem Konsum besteht jedoch die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit.
Cannabis bei Verdacht in einem Drug-Checking-Angebot testen lassen.
Neu gekaufte Cannabisprodukte beim ersten Konsum nur «antesten» (zwei, drei Züge nehmen) und danach 20 Minuten warten. Bei ungewöhnlicher Wirkung unbedingt auf weiteren Konsum verzichten!
Mischkonsum vermeiden! Mischkonsum (auch mit Alkohol oder Medikamenten) ist wegen der unvorhersehbaren und noch unbekannten Wechselwirkungen besonders riskant.
Cannabisprodukte vor dem Konsum gut vermischen (Grinder verwenden), um eine starke Konzentration möglicher synthetischer Cannabinoide auf einzelnen Blütenteilen zu vermeiden. Besondere Vorsicht ist beim Restmaterial geboten, das von den äusseren Blütenteilen abgefallen ist, da darin eine besonders hohe Konzentration an synthetischen Cannabinoiden vermutet wird.